Das Leben des
Friedrich Louis Oskar Gründler
Friedrich Louis Oskar Gründler erblickte am 27. September 1876 als einziges Kind des Landwirtes Wilhelm Gründler in Gebesee das Licht der Welt. Nachdem der junge Gründler die dortige Volksschule absolviert hatte, besuchte er ab 1890 die "Staatliche Präparandenanstalt" im ebenfalls preußischen Wandersleben, ehe er 1893 an das "königlich preußische Lehrerseminar" in Erfurt ging, das er 1896 mit der 1. Lehrerprüfung abschloss. Seine erste Lehrerstelle als Kandidat hatte er an der Volksschule in Grüningen, im damaligen Kreis Weißensee, also ganz in der Nähe seiner Heimatstadt. Dort blieb er zunächst auch noch nach dem Abschluss der Volksschullehrerprüfung im Jahre 1898.
Am 30. August 1900 heiratete Gründler seine Jugendliebe Berta Leder (1876-1933), eine Landwirtstochter aus Gebesee. 1901 wurde Tochter Hildegard und 1905 Sohn Erich geboren. Am 1. Oktober 1901 begann für die junge Familie ein neuer Lebensabschnitt in Gotha, wo Gründler fortan als Lehrer für Deutsch und Geschichte an der Löfflerschule unterrichtete. Unterbrochen wurde die fast 45-jährige Lehrertätigkeit lediglich durch Gründlers Kriegseinsatz im ersten Weltkrieg (1914-19). Oskar Gründler kann mit Fug und Recht als Multitalent bezeichnet werden. Als Mundart -und Heimatgeschichtsforscher veröffentlichte er zum Beispiel zahlreiche Artikel. 1907 "Der Thüringer Waidbau und sein endgültiges Ende" erschien in den "Thüringer Monatsblättern". Des weiteren schrieb er Gedichte, pädagogische Artikel für die Lehrerzeitung und komponierte. Er selbst spielte Geige und Klavier.
Politisch engagierte er sich zunächst im national-liberalen Landesverein und ab 1918 in der Deutschen Demokratischen Partei. Von 1923 bis 1932 war er deren einziges Mitglied im Gothaer Stadtrat. Darüber schrieb er selbst: „Im Stadtrat hatte ich eine schwierige Stellung, ich war das Zünglein an der Waage, aber mein Name ist in Gotha mit Achtung genannt worden.“
Seiner Heimatstadt Gebesee blieb er zeitlebens verbunden. Davon zeugt das 1930 im Eigenverlag herausgegebene Büchlein "Gebesee - Aus der Vergangenheit der Stadt“. Der Stadtchronik verdankt es Gründler vor allem, dass er in Gebesee nie in Vergessenheit geraten ist. Der Schriftsteller Oskar Gründler war objektiv, politisch neutral, weder deutschtümelnd noch radikal. Seine Liebe gehörte der Heimat in einem unschuldigen, guten Sinne. Dazu gehörte auch, dass er internationale Zeitungen las. Aus diesem Grund schrieb er eine Chronik über Gebesee, in der selbst jeder Strauch in der Umgebung von Gebesee, sogar jedes Haus und die Menschen, die hier lebten, seine Aufmerksamkeit darin gefunden haben. Die Chronik erschien 1930 vor dem Nationalsozialismus und der kommenden schrecklichen Zeit mit Krieg und Nachkrieg. So zeigt er uns die Welt in und um Gebesee in der Zeit davor. Nachdem ein Nachdruck zu DDR-Zeiten verboten wurde, erschien 1995 eine Reprintausgabe dieses Werkes.
Anlässlich des 300-jährigen Stadtrechts Gebesees im Jahre 1938, schrieb Gründler das Theaterstück "Gebo - ein Thüringer", das erfolgreich von Laienschauspielern aufgeführt wurde. In der Nazizeit gehörte Gründler zur "stillen Opposition". Er durfte deshalb weiter unterrichten. Allerdings leitete man 1937 ein Dienststrafverfahren gegen ihn ein, nachdem er sich öffentlich kritisch über die Winterhilfswerkssammlung, die Umbenennung der Gothaer "Gartenstraße" in „Straße der SA“, sowie die Forderung eines nachträglichen "Ariernachweises" für seine 1933 mit nur 57 Jahren verstorbene Frau geäußert hatte. Es blieb bei einem Verweis und der Übernahme der Kosten des "Verfahrens".
0skar Gründler hatte inzwischen das Haus Walterhäuser Straße 58 in Gotha käuflich erworben und heiratete 1939 ein zweites Mal. Nach dem Zusammenbruch war er im Antifaschistischen Komitee, das sich am 3. Mai 1945 in Gotha gebildet hatte. Seine Hauptverdienste lagen jedoch im Wiederaufbau der Liberaldemokratischen Partei und des Gothaer Schulsystems. Sofort setzte er sich persönlich bei den Amerikanern und dann bei den Russen dafür ein. Zum 1. Oktober 1945 wurde er vom Präsidenten des Landes Thüringen, Dr. Rudolf Paul, zum kommissarischen Schulrat ernannt. Der mittlerweile 69-jährige Gründler war nun dafür verantwortlich, Richtlinien zu erlassen und verlässliche und vor allem unbelastete Lehrer zu finden. Mit dem Fahrrad musste er deshalb fast täglich auf die Dörfer fahren. Auf einer solchen "Dienstfahrt" erlitt er einen Schlaganfall. Eine Woche darauf - am 30. Juli 1947 - starb er an dessen Folgen im Gothaer Krankenhaus. Das Familiengrab der Gründlers befindet sich auf dem Gothaer Hauptfriedhof.
"Anlässlich des Ablebens von Schulrat Gründler erhoben sich die Stadtverordneten von ihren Plätzen. Der Verstorbene war zu Lebzeiten ein aufrechter Demokrat und verleugnete niemals seine freiheitliche Gesinnung", stand am 1. August im "Thüringer Volk". Der Thüringer Minister für Volksbildung schrieb an die Witwe: "Er gehörte zu jenen aufrechten Demokraten, die wir auf verantwortungsvolle Posten setzen konnten, als es galt, das deutsche Schulwesen aus den Fesseln der faschistischen Irrlehren zu befreien und neue Wege zu einer Gesundung und geistigen Wiedergeburt unseres Volkes zu finden, wofür die Schule die ersten Voraussetzungen schafft."
Quelle: Wenzel, Matthias: „Zeitlebens ein aufrechter Demokrat gewesen“ in:„Gothaer Allgemeine“ vom 26.07.1997